Kronos & Partner

Kurzspielfilm, Schweiz 1999, 35 Minuten

„Working-environments für alle, die ihre Büros und Fabriken vermissen!“, verspricht „Kronos & Partner“, die Firma, wo Sara ihre neue Stelle antritt. Doch Sara entdeckt, dass ihre Arbeit gar keinen Sinn macht und ihr Chef, der nur per Computer mit ihr spricht, sie heimlich beobachtet. Eine Satire über die moderne Arbeitswelt.

Inhalt

„Sie vermissen Ihr Büro, lärmende Fabrikhallen und den Geruch von Menschen, die körperlich hart arbeiten. Für Sie kreieren wir „working-environments“, moderne und nostalgische!“, verspricht „Kronos & Partner“, die Firma, wo Sara Sommer (35) endlich einen Job bekommt.  Sie ist die Neue; das weiss sogar die Putzfrau. Frau Merz und Herr Moser, ein jüngerer Angestellter, der sich unangenehm als Chef aufspielt, führen Sara in ihre Arbeit ein: die Qualitätsüberprüfung von Papier. Ein Unbekannter, der sich als „Nachbar“ bezeichnet, meldet sich auf ihrem Computer, und auch er benimmt sich wie ihr Chef. Aber wer ist hier der Chef? Und was für eine merkwürdiger Betrieb ist das, wo Herr Karl, ein ehemaliger Schuhfabrikant, Sara penetrant bearbeitet, Schuhe von ihm zu kaufen, eine elegante Dame kräftig gebauten Männern bei körperlicher Arbeit zuschaut, und die Putzfrau ständig eine Dreckspur hinterlässt. Warum verwickelt der „Nachbar“ Sara in absurde Gespräche, um ihr persönliche Geheimnisse zu entlocken? Beobachtet er sie ständig heimlich?

Sara ist hin und her gerissen zwischen ihrer vermeintlich eigentlichen Arbeit und den Ansprüchen des „Nachbarn“ und der dahinterstehenden Firma. Sara ist zu vielem bereit, doch sie will sich nicht wie Herr Moser um jeden Preis „Kronos & Partner“ opfern. Frau Merz beschwichtigt sie, dass der „Nachbar“ doch nur ein potentieller Sponsor sei. Ohne einen solchen könne sich „Kronos & Partner“ ihren Arbeitsplatz gar nicht leisten. Wie Sara glaubt, das System durchschaut zu haben, greift sie die Firma in Anwesenheit von Kunden an. Doch wie in der alten Sage Kronos seine eigenen Kinder frisst, versucht die Firma auch Sara zu „verschlucken“...

Dieser kurze Spielfilm spielt auf der Klaviatur des Absurden und Unheimlichen - die Grenzen zwischen realer Welt und sehnsüchtig herbeigewünschter Scheinwelt verfliessen ineinander: eine Satire über die Entwicklungen in der Arbeitswelt, ein humorvoller Abgesang auf das aussterbende Proletariat und das alte Unternehmertum.

Zitate

Ein männlicher Körper, der arbeitet, der atmet, sich anstrengt, ist für mich - wie soll ich sagen - beruhigend. Mein Geld beruhigt mich nicht...

Nichts ist für mich schöner als Ihr konzentrierter Blick auf den Bildschirm. Ihre schönen, langen Finger, die über die Tastatur fliegen, Ihre Hand im Haar, Ihr Mund, der sich zu einem Seufzer öffnet...

„Kronos & Partner" lässt die Menschen Arbeit und Arbeitende wieder mit all ihren Sinnen erfahren.

Gedanken der Autorin

In der Nähe, wo ich wohne, steht seit Jahren ein neugebauter, riesiger Bürokomplex unbenutzt und sinnlos da. Er erscheint mir als typisches Zeichen unserer Zeit: überdimensionierte Geschäftsbauten stehen leer, weil Arbeitsplatz um Arbeitsplatz von der technischen Entwicklung und den grossen Firmen wegrationalisiert wurde. Diese meist imposanten, gläsernen Firmenpaläste geben eine Transparenz vor, die im krassen Gegensatz dazu steht, was wir heute in der sich stetig verändernden Arbeitswelt erleben. Wechselnde Manager und Umstrukturierungen machen für den Einzelnen Firmenstrukturen und immer mehr auch die gesamte Wirtschaft undurchschaubar. Nur eines ist klar: Wer Arbeit hat, gehört dazu, wer nicht, ist draussen. Diese Angst „draussen zu sein“ scheint allen Widerstand und jede Hinterfragung zu ersticken.

Der stetige Verlust von (manueller) Arbeit und Arbeitsplätzen beschäftigt uns alle. In meiner filmischen Satire beschreibe ich die Sehnsucht der Arbeitnehmenden, aber auch einstiger Arbeitgebenden nach ihrer alten, verlorenen Arbeitswelt. Die wirkliche Arbeit wird nur noch von wenigen ausgeführt, alle andern leben in einer Art virtuellen Arbeitswelt.  „Menschliche Arbeit rentiert nicht mehr“, sagt Frau Merz im Film zu Sara. „Doch wir von „Kronos & Partner“ sind privilegiert!“ Privilegiert sind die, die noch wirklich etwas tun, quasi der Stab der Firma; der grosse Rest der Firmenangestellten sind Arbeits-Prostituierte.

Die Firma „Kronos & Partner“ ermöglicht vermögenden Sponsoren sich in ihre einstige Arbeitswelt hinein zu inszenieren und zu träumen. In „working environments“  lässt sie ihre Sponsoren ein Revival als „Chef“ erleben und die Arbeit und Arbeitende wieder sinnlich erfahren. Ein schwitzender, sich anstrengender Körper wird für sie zum Sinnbild von Kraft und Leben in einer computerisierten Welt. Die Macht über Maschinen und Menschen fasziniert, der voyeuristische Blick auf arbeitende Menschen und in alte Arbeitswelten wirkt erotisierend.

Sara Sommer wird bei ihrer „Arbeit“ von ihrem Sponsor, der sich zynisch als „Nachbar“ bezeichnet, über versteckte Kameras beobachtet. Der Begriff „Nachbar“ wird pervertiert, die bildliche Nähe über den Computer spiegelt eine einseitige Kommunikation. Wenn Sara selbstbewusst und neugierig versucht mitzuspielen, realisiert sie, dass ihr virtueller Chef sich ihr entzieht, sobald sie die Konfrontation mit ihm sucht oder die Spielregeln bestimmt. Die Distanz ist seine Freiheit. Sara bleibt die Freiheit, dem gläsernen Narrenpalast zu entrinnen. Denn Kronos frisst bekanntlich seine Kinder...

Mitarbeiter

Schauspieler
Bettina Dieterle, Klaus Henner Russius,
Tilo Nest, Kati Karrer, Markus Merz, Margot Gödrös, Charlotte Heinimann
Buch und Regie
Bettina Schmid
Kamera
Peter Indergand scs
Chefbeleuchter
Felix Meyer
Ton
Ingrid Städeli
Ausstattung / Kostüme
Gabi Rahm
Maske
Ronald Fahm
Montage
Dieter Gränicher
Musik
Charles Mori
Tongestaltung
Pius Morger
Mischung
Christian Beusch
Produzent
Dieter Gränicher

Produktionsangaben

Länge
35 Minuten
Format
35mm / Farbe / 1:1,85 / Dolby SR
Sprache
Deutsch
Versionen
Französische und englische Untertitel
Produktion und Weltrechte
momenta film GmbH, Schweiz 1999