Ferien im Duett

Dokumentarfilm, Schweiz 2004, 82 Minuten

Vier junge Liebespaare filmen ihre Reise in ein fremdes Land. Ein humorvoller Film zwischen Ferienromantik, Touristenrolle und Beziehungsknatsch.

Inhalt

Vier junge Liebespaare filmen sich auf ihrer Reise in ein fremdes Land. Ein geniesserischer Hochzeitstrip in die Weiten Australiens. Zum ersten Mal ohne Eltern auf einer staubig-heissen Safari in Namibia. Auf Entdeckung der quirligen Menschen in Marokko. Zur Vertiefung der Liebesbeziehung in Kuba. Im Sucher der Kamera entdecken sie sich neu. Der Film erzählt mit den direkten und spontanen Aufnahmen der Paare spannend und humorvoll, wie junge SchweizerInnen ihre Reise zwischen Ferienromantik, Touristenrolle und Beziehungsknatsch erleben.

Gedanken des Autors

von Dieter Gränicher

Nach dem Film „SeelenSchatten“ zum schweren Thema Depression, welcher mich 4 Jahre lang beschäftigte, hatte ich Lust, ein Filmprojekt anzupacken, das ganz anders gelagert ist, etwas Leichtes und Humorvolles. Die Idee, jungen Paaren eine Kamera auf ihre Ferienreisen mitzugeben, versprach einen Film, wie ich ihn noch nie realisiert hatte. Ein filmisches Tagebuch, gedreht von den Akteuren selber. Ein Experiment mit offenem Ausgang, aber kein Experimentalfilm. Das war für mich von Anfang an klar.

Für mich ist „Ferien im Duett“ ein Film, der vor 10 Jahren nicht möglich gewesen wäre. Einerseits technisch – erst die neuen digitalen Videokameras liefern eine Bild- und Tonqualität, die professionelles Arbeiten auf diese Weise ermöglichen – andererseits gehören meine Protagonisten einer Generation von jungen Menschen an, die die audiovisuellen Medien buchstäblich schon in die Wiege gelegt bekamen. Mir ist aufgefallen, mit welcher fast schon natürlichen Selbstverständlichkeit die jungen Paare mit dem Medium Film umgehen.

Spöttisch sagte ich immer, nach dem dänischem Dogma 95, das unter anderem den Schauspieler ausgeprägt ins Zentrum stellte, gebe ich meinen „Schauspielern“ die Kamera gleich selber in die Hand!

In den letzten Jahren erlebte das Reality-TV eine Hausse. Stichwort “Big Brother”. Mich reizte die Auseinandersetzung mit den kleinen Alltäglichkeiten meiner Protagonisten, allerdings ist mein Film „Ferien im Duett“ genau das Gegenteil: meine Protagonisten werden während ihren Reisen von niemanden zu irgendetwas gezwungen, die ganze Kompetenz liegt bei Ihnen, sie entscheiden, was und ob gefilmt wird. Kein sensationsgeiler Fernsehredaktor wartet darauf, dass ein Streit eskaliert. Kein grosser professioneller Mitarbeiterstab bis hin zur psychologischen Betreuung federt das Pseudo-Risiko der eingegangenen Situationen ab.

Mich interessierte für meinen Film die Frage, wie meine Protagonisten wahrnehmen, was sie als filmenswert betrachten, wie sie ihre Beziehung darstellen, wie sie sich selbst präsentieren, und was sie im fremden Land entdecken. Ich suchte die persönlichen Blicke ihrer Aufnahmen. Wenn sie zur Kamera schauen, sehen sie in erster Linie ihren Freund oder Freundin und nicht die Kamera selber, was ganz spezielle „Kamerablicke“ ergibt. Ich strebte ein dialogisches Verhältnis zwischen der Person vor und derjenigen hinter der Kamera an.

Die Paare, die ich auswählte, hatten viel Freude an dieser Aufgabe und stellten sich gerne selbst dar. Es hat mich aber sehr gefreut zu merken, dass alle Beteiligten sehr wohl ein gutes Gespür für Nähe und Distanz zeigten. Im gesamten Material von gegen 70 Stunden sah ich keine einzige Szene, die ich als exhibitionistisch taxiert hätte oder bei der es mir unangenehm gewesen wäre. Ich habe auch keine grossangelegten medialen Aufrufe gemacht, auf die sich wahrscheinlich Hunderte von möglichen Kandidaten – alle Möchtegern-Superstars – gemeldet hätten. Ich habe meine Suche aus meinem Bekanntenkreis heraus lanciert und darüber hinaus nur mit gezielt gestreuten Flugblättern und motivierten Reiseveranstaltern gearbeitet. Demzufolge umfasste das ganze „Casting“ auch nur gegen 20 Paare.

Konkret gedreht haben fünf Paare. Eine Reise nach Chile fiel vor allem aus technischen Gründen während der Montage heraus. Ursprünglich ging ich davon aus, dass ich wahrscheinlich gegen 12 solcher Paare losschicken müsste. Zusätzliche Kosten wären mir dadurch sehr wenige entstanden, da ich ihre Reisen nicht bezahlt habe. Ich war aber sehr positiv überrascht, wie gut diese Paare „arbeiteten“ und entschied mich deshalb, bereits mit den ersten fünf gedrehten Reisen meinen Film zu gestalten. Mich beeindruckte mit welcher Ernsthaftigkeit – im besten Sinne verstanden - meine Protagonisten ihre Aufgabe angingen.

Es gehörte zum ursprünglichen Konzept der Anlage des Filmprojekts, zwar mit Nichtprofessionellen zu drehen, die ganze Bearbeitung insbesondere der Postproduktion aber voll professionell anzugehen. Mein Regieanteil auch vor der Ferienreise war grösser, als ich ursprünglich angenommen hatte. Vor allem ging es auch bei diesem Projekt darum, ein Vertrauensverhältnis zwischen mir und meinen Protagonisten aufzubauen, so wie ich es auch von meinen anderen Filmen her kenne. Während den Ferienreisen hatte ich überhaupt keinen Kontakt zu meiner „Equipe“. Eine bewusste Entscheidung, um meine Protagonisten möglichst nicht mit meinen Ansprüchen aus der fernen Schweiz zu konfrontieren, sondern sie in ihrer Reisewelt zu belassen. Ein für mich eigenartiges Gefühl... Ich war sehr gespannt und nervös, was sie zurückbringen würden...

Die Montage des gegen 70 Stunden Filmmaterials dauerte fünf Monate. Ich lernte meine Protagonisten und ihre Reisen über die gefilmten Szenen kennen, arbeitete dann Themen und Schwerpunkte heraus, aufgrund von denen ich ein von mir gefilmtes Gespräch mit den Paaren drehte. Eine reflexive Ebene zur Vertiefung, ein Aufbrechen der Linearität der filmischen Erzählung.

Wie bei jedem anderen Dokumentarfilm musste die dramaturgische Struktur langsam erarbeitet und gefunden werden. Der Fokus, die Konzentration und Verdichtung aufs Wesentliche unterschied sich auch nicht von sonstigen Montagearbeiten. Was für mich aber eindrücklich war, dass ich während der ganzen Arbeit persönlich mit grosser Freude dran war. Nicht belastet von einem drückenden Thema, wie ich es von meinen früheren Filmen her kannte. Eine Spielfreude am Experiment, das schliesslich in eine eigenwillige musikalische Gestaltung mündete. Jürg Kienberger improvisierte live im Studio zum laufenden Film. Seine grosse Erfahrung als Theatermusikspieler liess ihn schnell in den Film hineinwachsen, obwohl es seine erste grosse filmmusikalische Arbeit war. Er bezeichnet sich selber als Musikspieler und so wuchs das Konzept des musikalischen Reisebegleiters. Ein Kommentar mit den Mitteln der Musik zu den Ereignissen der Reisen, der den Film zu einem Ganzen verbindet.

Mitarbeiter

Buch, Regie, Montage und Produktion
Dieter Gränicher
Koautorin
Bettina Schmid
Filmaufnahmen
Protagonisten
Musikalische Reisebegleitung
Jürg Kienberger
Tonschnitt und Mischung
Florian Eidenbenz

Produktionsangaben

Originalversion
35mm / Farbe / 1:1,85 / Dolby SR / 82 Minuten
Versionen
Deutsche und englische Untertitel
Produktion und Weltrechte
momenta film GmbH, Schweiz 2004
In Koproduktion mit
Schweizer Fernsehen SRF
Paul Riniker und Madeleine Hirsiger